Heute war mal ein fleißiger Tag, obwohl ich ja nach Meinung Vieler hier nur rummgammel ;-) Resultat waren 5 Briefe, die gerne verschickt werden wollten. Es hat auch alles soweit geklappt – einer der Briefe kostete stolze 3,30 Lewa. Aber bis ich das erfahren konnte, war es ein weiter Weg.
Nicht weniger als eine Dreiviertelstunde hat es gedauert, um diese 5 Briefe zu verschicken – gut, der Fairness halber sei gesagt, das darin zweimal 3 Minuten Fußweg zur Post inkludiert waren. Aber in der Post ging alles mit viel Ruhe zu. Ich war der zweite Kunde in der Schlange – bei immerhin 5 Schaltern. Leider bearbeiten 4 dieser Schalter irgendwas anderes, nur nicht Post. Man kann dort Rechnungen bezahlen, das Warmwasser bestellen, Telefonguthaben kaufen und an Schalter 4 durfte man heute ausnahmsweise auch mal seine Post abholen (Einschreiben, etc.). Leider bearbeitet lediglich Schalter 6 (Schalter 5 ist vermutlich der Rationalisierung zum Opfer gefallen – es gibt nur 1-4 und 6) des Postamts Sofia-Dianabad das, was man unter Post verstehen würde: Briefe verschicken, Briefmarken kaufen, Umschläge und Ansichtskarten kaufen, Briefe wiegen, Päckchen- und Paketannahme und eigentlich auch Postsendungen abholen.
Ich war also wie gesagt der zweite Kunde in der Schlange an Schalter 6 – von den anderen 4 Schaltern wurden nur zwei in der Zwischenzeit frequentiert: Nachbarschalter 4, der heute auch ausnahmsweise die Post ausgab und Schalter 1, den jemand benutzte um die Sendung, die an Schalter 4 abzuholen war, zu bezahlen. Genau genommen wollten also alle in dieser Post Postangelegenheiten erledigen, was halt leider nur an Schalter 6 geht. Die Kundin vor mir hatte allerdings einen Großauftrag und hat etwa 50 Briefe verschickt. Und von Schnellpost konnte am Schalter direkt nicht so wirklich die Rede sein…
Es war also viel Zeit – 30 Minuten – sich in der Post umzuschauen. Ein interessanter Moment eigentlich. Es ist noch eine alte Poststelle, wie man sie in Deutschland gar nicht mehr kennt – mit vergitterten Schaltern, Tischen um seine Briefe zu adressieren, Telefonzellen und einem Schau-Rahmen für Briefumschläge die man kaufen kann. Die technische Ausstattung ist – so würde ich sagen – typisch bulgarisch. Es gibt natürlich ein Stempelkissen, einen richtigen, ordentlichen Stempel. Daneben diverse Bücher für Belege, Quittungen, Briefmarken. Außerdem: Ein Computer – mit stilechtem 12“-Röhrenbildschirm und Nadeldrucker und einem nagelneuen Barcodescanner. Auch wenn man in der Post das Gefühl hat in den Anfängen des 20. Jahrhunderts gelandet zu sein, kann man dort alles genauso bekommen, wie in jeder modernen Post. Sendungsverfolgung und Bezahlen von Produkten, die man im Internet gekauft hat. Man druckt eine Rechnung aus, bezahlt das und bekommt einen Wisch mit Stempel (ganz wichtig! ;-))…
Es ist immer wieder interessant, erst beim genauen Hinschauen festzustellen, dass zwar vieles sehr veraltet aussieht – aber einfach nur das Notwendige gemacht wird, um modern zu sein. Wieso braucht man lauter Regale im Design der Post wenn es auch normale tun? Wozu teure Designerlampen, wenn es auch eine Leuchtstoffröhre tut? Es sieht bestimmt nicht so „schick“ aus, wie die Post am Südbahnhof in Frankfurt. Aber es tut genauso seinen Zweck. Und kostet wahrscheinlich nur ein Bruchteil dessen, was es in Deutschland kostet. Die halbe Stunde wurde trotzdem irgendwann lang – allerdings habe ich schon oft genug bei der Deutschen Post eine halbe Stunde gewartet. Da waren aber 5 Schalter offen und zuständig….
Schließlich wollte ich dann für meine 5 Briefe Briefmarken kaufen und dachte das dauert höchstens 2 Minuten…es wurden ganz locker 10. Jeder Brief wurde sorgfältig gewogen, nochmal auf die Adresse geschaut und dann in einer Tabelle nachgelesen, was der Brief kostet. Ergebnis: 2 Briefe nach Belgien, einer nach Deutschland und Kroatien kosteten je 3,30 Lewa (1,65 Euro) und ein weiterer, leichter Brief nach Deutschland nochmal 1,50 Lewa (75 cent). Ich hatte mir immerhin die Schnellpost gegönnt, wobei ich so meine Zweifel habe, was das bedeutet. Nicht-Schnellpost-Briefe dauern so etwa eine Woche von hier.
Anschließend hatte ich soviel Ruhe, dass ich es mir nicht hab nehmen lassen, mich ganz gemütlich an den Tisch in der Post zu stellen und meine Marken auf die Briefe zu bappen. Da es leider nur 1-Lewa- sowie 30- bzw. 50-Stotinki-Marken gibt, gab es viel zu kleben. Netterweise hat die Schalterdame auf die Briefe den jeweiligen Wert draufgeschrieben – toller Service – und so wusste ich dann, was wo draufzukleben war. Dann nurnoch eben nach Wasser für das Briefmarkenanfeuchtungsgerät (hat das ’n richtigen Namen?) gefragt und der Spaß konnte beginnen. Die immerhin 23 Marken (natürlich gabs für jeden Brief noch eine extra für „Prioritaire“) waren dann in nicht all zu langer Zeit auf den Umschlägen. Und auch gleich wieder was gelernt: nächstes Mal schreibe ich vielleicht auch lieber nicht mit Füller die Adresse…
Soviel dann aus der Post. Einen Unterschied zu Deutschland gibt es beim Warten aber definitiv. Da man weiß, dass man Zeit mitbringen muss, hat man sie auch. Keiner ist so gestresst wie in Deutschland. Und wenn man raus geht, hat man ein irgendwie entspanntes Gefühl. Wenn ich in Deutschland aus der Post gehe, bin ich meistens total genervt.